Das Massenträgheitsverhältnis - Expertentipps für den Entwurf dynamischer Bewegungssteuerungssysteme

In modernen Antriebssystemen entscheidet das richtige Massenträgheitsverhältnis zwischen Motor und Last oft über den Unterschied zwischen präziser Performance und Instabilität. Dieser Artikel zeigt praxisnah, worauf es bei der Motorauslegung ankommt – und wie sich ungünstige Trägheitsverhältnisse gezielt verbessern lassen.

Das Massenträgheitsverhältnis λ beschreibt das Verhältnis der Trägheit der Rotormasse eines Motors zur Trägheit einer Last.

Je dynamischer eine Aufgabe ist, desto kleiner sollte λ sein. Um eine Last also schnell und präzise zu beschleunigen und zu positionieren, sollte die Trägheit des Motors so nahe wie möglich an der Trägheit der Last sein.

Anschaulich beschrieben, kann man sich einen Einkaufswagen vorstellen, mit dem man um die Kurve fahren möchte. Ist er leer (geringe Massenträgheit), ist das einfach und schnell möglich. Sind schon einige Getränkekisten eingeladen (hohe Massenträgheit), entwickelt der Wagen ein „Eigenleben“, und ein zügiges, präzises Abbiegen ist schwieriger, da der Wagen die/den Einkäufer:in mitzieht. 
 

Handlungsoptionen bei ungünstigem Trägheitsverhältnis

1. Getriebe einsetzen – Durch ein Getriebe verbessert sich das Trägheitsverhältnis deutlich, da die Getriebeübersetzung i quadratisch in die Berechnung eingeht:
 

Beispiel: Eine dynamische Robotik-Anwendung mit einem Massenträgheitsverhältnis von 150 ist so nicht annehmbar. Durch den Einsatz eines Getriebes mit einer Übersetzung von i=8 kann λ auf 2,3 verbessert werden 

was eine gute Voraussetzung für diese Anwendung darstellt.

Genauso agiert auch eine externe Übersetzung, wie ein Riementrieb.

Auch das Ersetzen eines Schrittmotors durch einen BLDC-Motor mit Getriebe kann Lösungsräume öffnen. Durch den Einsatz eines Encoders ist Positionieren weiter möglich.
 

2. Motor mit größerer Rotorträgheit – meist größeres Flanschmaß. Bei BLDC-Motoren bieten auch Außenläufer große Vorteile. 

3. Beschleunigungsrampen reduzieren – insbesondere Bremsrampen sind wichtig.

4. Bei Schrittmotoren Encoder einsetzen – verbessert nicht das Trägheitsverhältnis, aber durch die Positionsrückführung können Positionsfehler nach einem Überschwingen korrigiert werden. Zudem eröffnen sich mehr Tuningmöglichkeiten in den Reglern, und auch eine Vorsteuerung wird möglich.

Bei weiteren Fragen oder wenn Auslegungsunterstützung benötigt wird, hilft unser Technical Sales Team gerne weiter.